Hans-Martin Henning: Impulsgeber der Fraunhofer-Energieforschung geht in den Ruhestand
Mit einem wissenschaftlichen Symposium wurde Prof. Hans-Martin Henning gestern in den Ruhestand verabschiedet. Der Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg prägte über viele Jahre auch die Energieforschung der Fraunhofer-Gesellschaft. Als Vorsitzender des Expertenrats für Klimafragen beriet er von 2020 bis 2025 die Bundesregierung bei der Umsetzung des Klimaschutzgesetzes und war in dieser Funktion ein Mahner für konsequente Maßnahmen.

Hans-Martin Henning prägte wie kaum ein anderer Wissenschaftler und Institutsleiter die Energieforschung der Fraunhofer-Gesellschaft und darüber hinaus. Nach der Promotion in Physik an der Universität Oldenburg 1993 war er seit 1994 am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg tätig. Seine Forschungsschwerpunkte lagen insbesondere in der Gebäudeenergietechnik und der Energiesystemanalyse. Im Jahr 2014 übernahm er die Professur für Technische Energiesysteme am Karlsruher Institut für Technologie KIT und zum 1.1.2017 wurde er auf die Institutsleitung des Fraunhofer ISE in Personalunion mit der Professur für Solare Energiesysteme an der Universität Freiburg berufen. Er leitete das Institut gemeinsam mit Prof. Andreas Bett, der nun das Fraunhofer ISE weiterhin als alleiniger Institutsleiter führen wird. In Hennings Amtszeit fielen wichtige Entwicklungen des Instituts wie der deutliche Ausbau der Forschung in den Bereichen Batterietechnik, Wasserstofftechnologien und Wärmepumpen.
Energiewende übergreifend gedacht
Hans-Martin Henning erkannte früh, dass ein Denken in Einzeltechnologien für den Erfolg der Energiewende nicht ausreicht. Seine wissenschaftliche Arbeit ist geprägt von einer alle Sektoren und ihre Wechselwirkungen umfassenden Sichtweise auf das Energiesystem und dessen Transformation zum Erreichen von Klimaneutralität. Er spielte eine führende Rolle bei der Entwicklung von Rechenwerkzeugen für die Simulation und Optimierung komplexer Energiesysteme, wie das Modell REMod für Deutschland. Durch damit durchgeführte Untersuchungen gewannen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtige Erkenntnisse über den Verlauf, die technische Machbarkeit und die Kosten der Energiewende. Prof. Henning entwickelte das Modell mit seinem Team stetig weiter und berücksichtigte dabei auch gesellschaftliche Verhaltensweisen als wesentliche Einflussgrößen. »Die Energiewende ist nicht nur technisch möglich, sondern sie bietet auch technologische und damit wirtschaftliche Chancen. Sie wird aber nur gelingen, wenn sie auch von der Gesellschaft getragen wird«, ist er überzeugt. Die Frage, wie erfolgreich die Energiewende in Deutschland verläuft und welche Rolle sie für die technologische Souveränität Deutschlands und Europas spielt, bestimmte auch das wissenschaftliche Symposium anlässlich seiner Verabschiedung. Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Forschung, Politik und Wirtschaft stellten ihre jeweiligen Perspektiven gegenüber und diskutierten neue Ansätze und mögliche Verbesserungen.
Netzwerker und Mahner für Klimaschutz
Von 2017 bis 2024 war Hans-Martin Henning Sprecher der Fraunhofer-Allianz Energie, die die Energiekompetenzen aus 20 Fraunhofer-Instituten bündelt und damit eine der größten Energieforschungsplattformen in Europa repräsentiert. Als Mitglied im Präsidium der Fraunhofer-Gesellschaft und Sprecher des Fraunhofer-Verbunds »Energietechnologien und Klimaschutz«, des Fraunhofer-Clusters of Excellence »Integrierte Energiesysteme CINES« sowie des Fraunhofer Strategischen Forschungsfelds »Ressourceneffizienz und Klimatechnologien« vernetzte er den stark wachsenden Energieforschungsbereich innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft und stärkte deren Position als zentraler Ansprechpartner für die herstellende Industrie, die Energiewirtschaft und politische und gesellschaftliche Akteure.
Die Etablierung des Fraunhofer ENIQ in Berlin als zentralen Ort der Wissenschaftskommunikation der Fraunhofer-Energieforschung war ein Herzensprojekt Hans-Martin Hennings. Hier diskutieren Forschende aus Fraunhofer-Einrichtungen mit Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über technologische und systemische Innovationen zur Energiesystemtransformation. Neben Workshops und Konferenzen, digitalen Formaten und Expert Sessions verleiht eine Ausstellung mit aktuellen Use Cases der aktuellen Fraunhofer-Energieforschung Sichtbarkeit in der Hauptstadt.
Auch außerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft war Hans-Martin Henning für Energieforschung und Klimaschutz aktiv und anerkannt. Der durch die Bundesregierung berufene fünfköpfige Expertenrat für Klimafragen, bei dem Hans-Martin Henning von 2020 bis 2025 den Vorsitz innehatte, zeigte in seinen Berichten auf, ob die deutsche Klimaschutzpolitik auf Kurs ist. Er beriet die Bundesregierung auf ihrem Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele und mahnte insbesondere für die Bereiche Verkehr und Gebäude verstärkte Maßnahmen zur Senkung der Emissionen an.
Darüber hinaus war Hans-Martin Henning Sprecher des Forschungsverbunds Erneuerbare Energien FVEE und engagierte sich im Projekt »Energiesysteme der Zukunft« der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Union der deutschen Akademie der Wissenschaften. In diesem Forschungsprojekt wird er auch nach dem Ausstieg aus der Institutsleitung des Fraunhofer ISE weiterhin aktiv sein.
Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, der am wissenschaftlichen Symposium teilnahm, lobte den engagierten Einsatz von Prof. Henning in seinem Impulsvortrag: »Prof. Henning hat die Energieforschung in Deutschland und darüber hinaus nachhaltig geprägt. Mit seiner Arbeit hat er entscheidend dazu beigetragen, die Energiewende voranzubringen und das Fraunhofer ISE als Impulsgeber für nachhaltige Energiesysteme zu stärken. Damit hat er einen bleibenden Beitrag für die Zukunft unserer Energieversorgung geleistet.«